28 Nov 2017 - Matthias Voigt
Amazon ist immer noch auf starkem Expansionskurs. Derzeit wird deshalb ein neuer Standort für ein zweites Amazon Hauptquartier gesucht. Dass es bei diesem überaus erfolgreichen Unternehmen zahlreiche Städte gibt, die sich um den Zuwachs freuen würden, liegt dabei auf der Hand.
Es ist also verständlich, dass sich viele Städte mit teilweise recht extremen Subventionen beworben haben. So möchte Chicago die Einkommenssteuern der Mitarbeiter an Amazon zurückzahlen oder New Jersey verspricht gar Subventionen im Wert von 7 Milliarden Dollar. Es geht aber auch gemäßigter, wie in Fresno, wo Amazon “nur” Mitspracherecht an der Nutzung der Steuern bekommt oder Chula Vista, wo neben kostenlosem Bauland keine Grundsteuer für 30 Jahre erhoben werden sollen.
Liest man sich die - vor allem in deutschen Foren überwiegend negativen - Kommentare durch, trifft man häufig auf Kapitalismuskritik und die Aussage, dass Politiker nur noch vor dem Geld knieen. Hier frage ich mich, wie sollte man denn sonst handeln? Amazon könnte auch einfach ins Silicon Valley gehen und sich dort in einer exzellenten, technikaffinen Umgebung eingliedern. Aber Jeff Bezos hätte sich nicht ein so großes Business aufgebaut, wenn er Vorteile nicht nutzen würde und somit ein gutes Angebot aushandelt. Schließlich ist und bleibt Amazon ein Wirtschaftsunternehmen. Liest man sich diesen Artikel durch, ist Amazon aber auch kein unbeliebter Gast in Seattle und trug zum großen Anteil am wirtschaftlichen Wachstum der Stadt bei. Kein Wunder, dass andere Städte auch daran teilhaben wollen und zum Teil diese unverschämt klingenden Versprechungen machen. Wenn man aber bedenkt, dass bis zu 50.000 Arbeitsstellen geschaffen werden, sind die wirtschaftlichen Seiteneffekte für beinahe jede Stadt sicher größer als die Subventionen selbst. Man muss hierbei beachten, und hier scheinen viele Kommentare an die Amazon Logistikzentren zu denken, dass eben kein Lager aufgebaut wird, sondern ein Hauptquartier, in dem hochqualifiziertes Personal arbeitet. Das heißt, dass dort auch ein nicht unerheblicher Teil an neuen Stellen entsteht, der allein durch die neuen (zahlungskräftigen) Arbeiter finanziert wird. Wichtiger finde ich jedoch auch den Umstand, dass damit auch ein gewaltiges technologisches Wissen angezogen wird. Lässt sich ein Unternehmen wie Amazon in der Stadt nieder, werden Mitarbeiter und Dritte in der Nähe Startups gründen, wie man es aus dem Valley kennt. Diesen Effekt schätze ich im Endeffekt sogar größer ein als Amazon selbst - vorausgesetzt, dass sich die Stadt dessen bewusst ist und das aktiv fördert.
Via: heise Foto: Amazon